Programmtext

“communication – lost – found” lässt 12 Instrumentalisten verschiedene Kommunikationsformen ausloten. Es gibt mehrere Teile, die jeweils unterschiedliche Aspekte von Kommunikation beleuchten und dafür musikalisch verschiedenste Lösungen präsentieren: was die Organisation des Zusammenspiel, Entscheidungsfreiheit und individuelle Reaktionen, musikalisches Material, Instrumentierung etc. anbetrifft. Es gibt “Verständnis ohne viele Worte”, ebenso wie den “Streit” oder “Ärger”, es wird bestätigt, geantwortet, sich-ins-Wort-gefallen, aneinander-vorbei-geredet oder ein Selbstgespräch geführt. Es gibt verschiedene Arten von Schweigen: etwa, weil man sich nichts zu sagen hat, noch-zu-Sagendes plant, in Erwartung ist, weil man dem Gesagten nachlauscht, eigenen Gedanken nachhängt, weil man in entspannter Ruhe aufgrund von Verständnis oder auch in angespannter Stille wegen Unverständnis verweilt.
Musikalisch gibt es vielfach Beziehungen zwischen den Teilen. Es gibt gewisse Kerngedanken, die immer wieder transformiert und in anderen Kombinationen auftauchen und somit ein Netz von Verweisen und Bezügen durch das Stück knüpfen. Kommunikation zeigt sich also nicht nur in der Metaebene (als Gesprächsverlauf in der Großform), sondern ebenso subkutan (in der musikalischen Struktur), wie auch partiell (in den jeweiligen Teilen mit ihren speziellen Themen/Inhalten) und im Detail (z.B. im Zusammenspiel mehrerer Musiker unabhängig vom Dirigenten und anderen Musikern). Grundsätzlich gibt es einen Dialog und auch Widerstreit zwischen zwei Gruppen im Ensemble: den Luftinstrumenten (Flöte, Klarinette, Trompete und Akkordeon) und den Saiteninstrumenten (Streicher, Harfe, Gitarre und Klavier), bzw. zwischen den beiden Prinzipien: dem “entstehenden” und “vergehenden Klang” (wobei Schlagzeug ebenfalls zu der zweiten Kategorie zählt und die Streicher immer wieder auch als Vermittler auftreten).
Die Anordnung der Teile ist offen, lediglich Varianten des gleichen Teils dürfen nicht aufeinanderfolgen. Bei bestimmten Zeichen können Abschnitte eingeschoben werden (als Interpolationen), bzw. miteinander kombiniert werden. Dadurch kommt es unter anderem auch zu simultan stattfindenden Kommunikationsformen. Die Musiker sollen letztlich anhand der unterschiedlichen Teile einen Gesprächsablauf kreieren. Die Variabilität führt zu einer überdurchschnittlichen Individualität einer Aufführung – abhängig vom Ensemble. Die Faktur der Partitur und der Einzelstimmen ist derart entworfen, dass “communication – lost – found” auch von einem jungen Ensemble zu realisieren ist. Während der Formfindung, der Schaffung einer Dramaturgie, soll es zu lebendiger und erfolgreicher Kommunikation zwischen den Musikern kommen.
Die Komposition ist im Auftrag der Musikschule “Paul Hindemith” Neukölln für das Ensemble “Experimente” unter der Leitung von Gerhard Scherer entstanden.

Verlag: Edition Nova Vita, Berlin